Änderung des Grundgesetz-Artikel 74

Gemeinsame Pressemitteilung von DATABUND und BDIP

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit den 16 Ministerpräsidenten am 14. Oktober eine Vereinbarung getroffen, deren Ziel es sei, “die digitale Zersplitterung der Verwaltung in Deutschland zu überwinden“. Die bundesweite Vernetzung aller Online-Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen über ein einheitliches “Bürgerportal” ist Teil der Vereinbarungen. Die Basis für das Vorhaben soll die Änderung des Art. 74 Grundgesetz werden.

Mit der Änderung soll „die Einrichtung eines verbindlichen, bundesweiten Portalverbunds ermöglicht (werden), über den alle Nutzer einfach und sicher auf die Online-Anwendungen der öffentlichen Verwaltung von Bund und Ländern zugreifen können.“

Die Bundesverbände DATABUND und BDIP sprechen sich gegen diese Neuregelung aus und fordern vielmehr eine weitere Standardisierung der Datenformate und Schnittstellen. Die Änderung des Art. 74 GG ist so ausgeführt, dass es keine Begrenzung der Regelungs- und Normierungsbefugnisse des Bundes geben soll. Auch wenn es vielleicht aktuell nicht beabsichtigt ist, so bietet der aktuelle Entwurf der Grundgesetzänderung die Möglichkeit, auch IT-Lösungen für die Umsetzung der Portale und der dahinter liegenden Fachverfahren der Kommunen durch den Bund festzulegen.

Einen solchen Durchgriff übergeordneter und kommunalfremder Behörden lehnen wir strikt ab. Das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen über die Erledigung ihrer Aufgaben und der dafür genutzten Tools darf an dieser Stelle nicht ausgehebelt werden. Für den Bereich der Portale bedeutet die Selbstbestimmung der Kommunen die Möglichkeit, Identität und Individualität auch Online darzustellen und sich im interkommunalen Wettbewerb gegenüber der Wirtschaft und Bürgern zu positionieren. Kommunen sind sehr unterschiedlich in ihren Ausrichtungen und Schwerpunkten, die jeweils mit bestimmten Portallösungen besonders gut umsetzbar sind und die sich in der Vergangenheit bewährt haben.

Für den Bereich der Tools und Fachverfahren bedeutet das Selbstbestimmungsrecht auch Wettbewerb im Markt, mit der Möglichkeit sich die beste Lösung aus Sicht der einzelnen Kommunalverwaltung auszuwählen und ihre individuellen Anforderungen und Interessen in die Weiterentwicklung der Lösungen durch den Hersteller einzubringen.

In der Vergangenheit haben IT-Vorhaben auf Bundes- und Landesebene gezeigt, dass dort wenig Verständnis für die Situation und Anforderungen in den Kommunalverwaltungen vorhanden ist. Eine Verordnung von IT-Produkten für die kommunale Ebene ‚von oben‘ kann daher keine Lösung sein und wird die Entwicklung des eGovernment langfristig eher behindern als voranbringen.

DATABUND und BDIP fordern daher, die Änderung des Art. 74 GG zu verwerfen. Die Verknüpfung zwischen den Portalen kann basierend auf Art. 91c GG schon heute geschaffen werden, in dem die Schnittstellen und Datenformate festgelegt werden.
Die Kommunen und ihre Leistungen fußen auf einer bürgernahen und regional verankerten Identität und Arbeitsweise, die nicht unter dem Einfluss zentraler Vorhaben verloren gehen darf. Aufgabe des Bundes ist es hingegen die Rahmenbedingungen zu setzen, innerhalb derer sich Kommunen in ihrem Handeln bewegen können. Dieser Rahmen muss Wettbewerb, Entscheidungsfreiheit und Individualität für die Kommunen hinsichtlich ihrer eingesetzten CMS- und Portallösungen, sowie Fachverfahren zur Bewältigung ihrer Aufgaben, weiterhin sicherstellen.

Über den Bundesverband Deutscher Internet Portale e.V.:
Der Bundesverband Deutscher Internet Portale e.V. (BDIP) ist die Interessenvertretung und Plattform für den Erfahrungsaustausch öffentlicher deutscher Internetportale. Mitglieder sind die Betreiber öffentlicher Internetportale (Behörden und Kommunen), sowie die privatwirtschaftlichen Dienstleister in diesem Sektor.

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